Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Knabenschule
Geschlecht (WdK): Jungen
— 149 —
sie von einem kleinen lieblichen Mädchen mit einem Blnmenstranß begrüßt, da neigte sie sich zu ihm nieder und küßte es; ihre Oberhofmeisterin, welche ans strenge Formen hielt, erschrak und sagte: „Mein Himmel, was haben Ew. Königliche Hoheit gethan! Das ist ja ganz gegen die Hofsitte." „Wie?" entgegnete sie, „darf ich das nicht mehr thun?" — Es war damals Sitte, daß vornehme Eheleute einander mit Sie anredeten, daher fiel es dem Schwiegervater auf, als er seinen Sohn, den Kronprinzen, die Prinzessin Du nennen hörte. Aber jener erklärte scherzend: „Es geschieht aus guten Gründen. Mit dem Du weiß man immer, woran man ist, dagegen bei dem Sie ist immer das Bedenken, ob es mit einem großen S gesprochen wird oder mit einem kleinen."
Als der Kronprinz erfuhr, daß das Gut Paretz an den Wiesen der Havel zu verkaufen war, wo er schon als Knabe gern geweilt hatte, kaufte er es, um dort mit seiner Gattin das Landleben auf eigenem Besitz zu genießen. Das alte gutsherrliche Wohnhaus ließ er abbrechen und ein neues aufführen, mit dem Auftrag an den Baumeister, daß alles in ländlich-bescheidener Weise hergestellt werden solle. Daher fand man dort keine kostbaren Möbel, keine reich gestickten Teppiche, keine goldenen und silbernen Gerätschaften. Auch die Gartenanlagen ähnelten nicht einem Fürstenpark, sondern denen eines einfachen Gutsgartens. Er wollte in Paretz nur als „Schulze von Paretz" angefehn werden, und als einmal eine Fürstin zu Besuch war und die Prinzessin fragte, ob es ihr denn nicht langweilig werde, Wochen und Wochen in dieser ländlichen Einsiedelei zuzubringen, erhielt sie die Antwort: „Ach nein, ich bin ganz glücklich als gnädige Frau von Paretz."
Schon in ihrer Kindheit hatte sie nach dem Spruche gehandelt: Wohlzuthun und mitzuteilen vergesset nicht. Wenn Gutsleute von Not oder Krankheit heimgesucht wurden, waren sie ihrer thätigen Teilnahme sicher. Und wenn das Erntefest gefeiert wurde und der Erntekranz überreicht war, mischten sich Prinz und Prinzessin unter die Menge und nahmen auch an dem Tanzvergnügen teil. Bei solcher Gelegenheit wurden viele Buden aufgebaut und Käufer und Verkäufer fanden sich zahlreich ein. Die Prinzessin kaufte große Körbe mit Eßwaren, verteilte sie unter alt und jung und hatte ihre Freude an dem Geschrei der Kleinen: „Mir auch was, mir auch was, Frau Prinzessin!" Ebenso verging kein Weihnachtsmarkt in Berlin, wo sie sich nicht unter das Gedränge begeben und reich-
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Knabenschule
Geschlecht (WdK): Jungen
— 129 —
Seme Erholung fand er in der Jagd, die er leidenschaftlich liebte, in Handarbeiten, wie Drechseln und Kleben, und in einer wunderlichen Gesellschaft, dem Tabakskollegium. Er besuchte es mit großer Regelmäßigkeit; Generale, Minister, auch Offiziere niederen Ranges waren um ihn, es mußte aber auch einer da sein, an dem der König seine oft recht derben Späßchen auslasten konnte. Die Gesellschaft versammelte sich abends zwischen fünf und sechs. Man saß auf Holzschemeln um eine lange einfache Tafel. Vor jedem Gaste lag eine knrze Thonpfeife, der Tabak stand in Körbchen bereit, kupferne Pfannen mit glühendem Torf dienten zum Anzünden. Jeder hatte einen Weißen steinernen Krug mit Bier und ein Glas vor sich. Hier fühlte sich der König sehr behaglich und nahm auch unvorsichtige Reden nicht übel.
Kronprinz Friedrich.
Der Kronprinz war am 24. Januar 1712 geboreu. In seinem Charakter vereinigte sich des Vaters fester Sinn und feuriges Temperament mit dem zarten, innigen Gefühl seiner Mutter, Sophie Dorothea, einer Schwester des Königs von England. Von seiner ersten Erzieherin, einer ehrwürdigen vornehmen Frau, die schon die Erzieherin seines Vaters gewesen, empfing er die Vorliebe für die französische Sprache, welche vom Vater gehaßt, aber die Sprache des Hofs und aller höher gestellten Familien war. Im siebenten Jahr begann der Unterricht im Kriegswesen. Wie es bei Prinzen gewöhnlich ist, stieg er in seiner militärischen Würde schnell auf und war mit 16 Jahren Oberstlieutenant. Als solcher hatte er nun die Einübung seiner Soldaten zu besorgen, doch seine Neigungen waren damals nicht die eines Soldaten, wie er auch die Jagd, das größte Vergnügen seines Vaters, für eine rauhe Beschäftigung hielt. Die schönsten Stunden waren für ihn die, in welchen er sich der Lektüre geistvoller Bücher hingeben oder das Flötenspiel üben konnte. Als der Vater einmal mit ihm Dresden besuchte, hörte er den berühmten Musiker Quantz Flöte blasen und wünschte nun diese Kunst gleichfalls zu lernen. Die Lehrstunden mußten vor dem König geheim gehalten werden, doch die Mutter hatte es zu vermitteln gewußt, daß Quantz mehrmals im Jahr für einige Tage nach Berlin kam, wo er sich denn an den schnellen Fortschritten seines Schülers erfreuen konnte. Der Prinz wurde ein Meister im Flötenspiel und hat sich die Liebe dafür bis in sein hohes Alter bewahrt. Die
9
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Sophie_Dorothea Quantz Quantz
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Knabenschule
Geschlecht (WdK): Jungen
— 185 —
Da ruht der Kaiser unter der mit Blumen bestreuten Decke wie in sanftem Schlummer, in seinem Antlitz spricht sich sein Frieden mit der Welt und mit sich selbst aus.
Als der Fürst Bismarck dem Reichstag die Nachricht von dem Hinscheiden des Kaisers brachte, schloß er mit den Worten: „Die heldenmütige Tapferkeit, das nationale hochgespannte Ehrgefühl und vor allen Dingen die treue arbeitsame Pflichterfüllung im Dienst des Vaterlandes und die Liebe zum Vaterland, die in unserm dahingeschiedenen Herrn verkörpert war, möge ein unzerstörbares Erbteil unserer Nation sein, welches der aus unserer Mitte dahingeschiedene Kaiser uns hinterläßt."
Wrhten diese Ü(trrts bei alt und pmg uul guten Joden lullen und Hrurht trugen!
Königsberg, Hartungsche Buchdruckerei.
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Lz. Grammatik.
18. Zusammengesetzte Ableitungen und abgeleitete Zusammensetzungen.
Allmälig, zusammen, Hartherzigkeit, rechtfertigen, Markgraf-
schaft (82.), Aufmerksamkeit (77.), vornehmlich (82.), einhellig, Bar-
füßermönch, Wegweiser, dienstsertig, unanständig, Dienstfertigkeit,
Bereitwilligkeit rc- — Manche abgeleitete Wörter haben die Form
der Zusammensetzung, andere sind abgeleitet und zusammengesetzt
zugleich. Bei jenen kommt das Grundwort, als ein für sich be-
stehendes Wort, in der Sprache nicht mehr vor (all-malig, zu-
sammen, Hart-herzigkeit), was bei diesen der Fall ist (recht-
fertigen).
Aufg. Bildet Satze mit obigen Wörtern!
V. Orthographie.
40. Die Wörter unter 8.
Sß. & t i l
a. Unterabtheilung.
38, Die Stadt.
Eine Stadt ist ein Wohnort, der hauptsächlich von Bürgern
bewohnt wird. In einer Stadt findet man gepflasterte Straßen,
öffentliche Plätze und Märkte, wo Lebensmittel und andere Dinge
verkauft werden. Zu den öffentlichen Gebäuden in einer Stadt
gehören die Kirche, das Rathhaus, die Schule k. In allen
Städten findet man Gast- oder Wirthshäuser, Schänken rc.
Größere Städte haben auch ein Schauspielhaus. Selten ist eine
Stadt ohne eine Wohlthätigkeitsanstalt, als Waisenstaus, Hos-
pital rc. Einige Städte find nur klein und haben wenige -Häu-
ser, andere find sehr groß, und es wohnen Tausende von Men-
schen darin. Die Einwohner der Städte treiben Handwerke,
Künste, oder Handel, in kleinen Städten auch Ackerbau und
Viehzucht. — Handelsstadt, Fabrikstadt, Festung, Hauptstadt,
Kreisstadt, Provinzialstadt' rc.
Aufg. Kaufmann, Wand rc.
b. M i t t e l a b t h e k l u n g.
38. Das blinde Roß (kürzerer Ausdruck).
Der reiche Kaufmann Ufedom zu Wineta ritt eines Tages
auf einem Schimmel in den Wald, um zu sehen, ob seine Waa-
ren noch nicht ankämen. Plötzlich sprangen sechs Räuber aur
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger]]
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TM Hauptwörter (200): [T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T82: [Musik Stadt Hof Zeit Theater Fest Leben Leute Herr Art], T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
249
Etwas leidet, und die Form des Zeitwortes heißt alsdann die
Leideform (das Passiv); ist dagegen der Selbstand thätig
(thuend, wirkend, »., d., <l.), so heißt die Form des Zeitwor-
tes die Wirkeform (das Aktiv). „Hörten, hatte besorgt, zog,
band" ist M Wickeform, „werden gehört, wird besorgt, wird ge-
zogen, wird gebunden" ist die Leideform. Jene wird durch die
Biegung, diese durch das Hülfswort „werden" ausgedrückt. Die-
jenigen Zeitwörter, welche eine Sachergänzung erfor-
dern, heißen hinbezügliche (zielende, objective Verben). Sie
sind daran zu erkennen, daß sie außer der Wirkeform auch eine
Leideform haben, was bei den nicht binbezüglichen (den ziellosen
oder subjectiven) nicht der Fall ist. Nr. 10. S. 5.
Aufg. 1. Suchet zehn Sätze mit Sachergänzungen auf! — 2. Zehn
zielende Zeitwörter! — 3. Bildet Sätze mit diesen zielenden Im-
Wörtern!
C. Orthographie.
69. In einigen Fremdwörtern steht statt k, K — ch, Eh,
z. B. das Chor (Ort für die Sänger), der Chor sein Musikstück,
das von allen mitwirkenden Personen gesungen oder gespielt wird,
auch bedeutet es zuweilen diese Personen selbst. Eine Verbin-
dung oder Gesellschaft mit gleicher Beschäftigung wird ein Corps
ssprich Kohrl genannt, B. Jägercorps, Trompetercorps, Armee-
corps rc.), Choral, Christ, Christenthum, Christoph rc.
». Stil.
n. U n t e r a b t h e i l u n g.
59. Der Husar.
Ein Husar ist ein reitender Soldat. Sein Waffenrock ist
auf der Brust mit Schnüren besetzt, und an seinem krummen
Säbel trägt er eine große, dünne Tasche, auf welcher sich der
gekrönte Namenszug des Königs befindet. Zu seiner Bewaff-
nung gehören auch ein Paar Pistolen, welche in den Pistolen-
halftern am Sattel stecken. Nach der Farbe des Waffenrockes
unterscheidet man schwarze, blaue rc. Husaren. Die schwarzen
Husaren tragen an ihrer Mütze einen Todtenkopf, welcher anzei,
gen soll, daß sie im Kriege jeden Feind tobten und lieber sterben,
als sich ergeben wollen. Ursprünglich nannte man nur die un-
garischen Reiter Husaren (seit 1458, als Matthias I. den Prä-
laten und Edelleuten des Reiches befahl, sich mit ihren Reitern
in seinem Lager einzusinken. Damals mußte von 20 Häusern ein
Mann gestellt werden, und ffo entstand aus dem ungarischen
Worte husz, zwanzig, und ar, die Löhnung, der Name Huszar,
Husar). Später ward diese leichte Reiterei von den übrigen
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode]]
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TM Hauptwörter (200): [T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz], T60: [Mann Heer Jahr Offizier Soldat Landwehr Truppe Krieg Armee Regiment], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T82: [Musik Stadt Hof Zeit Theater Fest Leben Leute Herr Art], T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig]]
30
mit glänzendem Eise die Gewässer belegt zur Freude der Schlittschuh-
laufenden Knaben, und überall uns Wege bahnt und Brücken bau»
über Flüsse und See'n und Sümpfe, er treibt Menschen und Thiere
aus den Gärten und Feldern hinein in die schützenden Wohnungen.
Er beginnt mit dem freudenreichen Weihnachtsfeste und dauert bis zum
20. Mürz, bis zur Osterzeit, da mit dem Auferstehungsfeste des Hei-
Schöpfung aus
39.
Wie ruhest du so stille
In deiner weißen Hülle,
Du mütterliches Land!
Wo sind des Frühlings Lieder?
Des Sommers bunt Gefieder
Und dein beblümtes Festgewand?
Du schlummerst nun entkleidet;
Kein Lamm, kein Schäflein weidet
Auf deinen Au'n und Höh'n.
Der Vöglein Lied verstummet.
Und keine Biene summet.
Doch bist du auch im Winter schön.
Die Zweig und Aestlein schimmern.
Und tausend Lichter flimmern.
Wohin das Auge blickt.
ihrem Tode zum neuen Leben erwacht.
Witttcrlicd.
Wer hat dein Bett bereitet.
Die Decke dir gespreitet
Und dich so schön mit Reif geschmückt?
Der gute Vater droben
Hat dir dein Kleid gewoben,
Er schläft und schlummert nicht.
So schlummere denn in Frieden,
Der Vater weckt die Müden
Zu neuer Kraft, zu neuem Licht.
Bald in des Lenzes Wehen
Wirst du verjüngt erstehen
Zum Leben wunderbar.
Sein Odem schwebt hernieder.
Dann, Erde, stehst du wieder
Mit einem Blumenkranz im Haar.
Krmnmacher.
40. Das seltene Gericht.
Ein Kaufmann hatte seine Freunde in der Stadt auf sein
Landgut am Meere eingeladen, um sie mit seltenen Meerfischen
zu bewirthen. Es wurden mehrere Speisen aufgetragen, und
am Ende kam eine grosse verdeckte Schussel, in der man die
seltenen Fische vermuthete. Allein als man den Deckel abnahm,
fanden sich statt der erwarteten Fische einige Goldstücke darin.
Der Kaufmann aber sprach: Meine Freunde! die Fische, welche
ich euch vorzusetzen versprach, sind in diesem Jahre dreimal
theurer als ich dachte. Es kostet einer ein Goldstück. Da
fiel mir denn ein, dass in dem Dorfe ein Tagelöhner krank
liege und mit seinen Kindern Hunger leiden müsse. Von dem,
was dieses einzige Gericht kosten würde, könnten die armen
Leute ein halbes Jahr leben. Wollt ihr nun die Seefische, so
werde ich sie unverzüglich kommen lassen, und sie sollen
sogleich zubereitet werden. Wollet ihr aber das Geld dem
armen Manne überlassen, so werde ich euch mit minder theuern,
aber schmackhaften Flussfischen bewirthen. Alle Gäste gaben
ihm Beifall, jeder legte noch ein Goldstück dazu, und der arme
Mann war auf ein ganzes Jahr aus seiner Noth befreit.
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China.
151
Abends mit einer Glocke das Zeichen gegeben ist, daß Jedermann
zu Hause sein soll, darf man sich nicht anders als mit einer Laterne
auf der Straße sehen lassen, ohne aufgegriffen zu werden. Der
Kaiser ist eben so wenig zugänglich, ja noch weniger,, als der tür-
kische Sultan und der persische Schach. Ehe man bis zu seiner
eigentlichen Wohnung gelangt, muß man durch eine Menge Thore,
Höfe und Plätze gehen. Das Schloß, das seine Wohnzimmer in
sich faßt, heißt die Wohnung des heiteren Himmels, und soll sehr
hoch, reich und prachtvoll sein. Zwei große Rauchfässer von ver-
goldetem Kupfer, auf denen Tag und Nacht wohlriechende Sachen
brennen, stehen davor. Hier wohnen nur der Kaiser, die Kaiserin-
nen und seine übrigen Frauen. Außer diesem Schlosse enthält die
kaiserliche Residenz noch eine Menge Palläste, auch Gärten, Teiche,
Springbrunnen, Blumenbeete, Wohnungen für Hofbeamte, Solda-
ten, kaiserliche Handwerker und Künstler; kurz die Residenz macht,
wie das Serai in Constantinopel, eine eigene Stadt aus, die fast
eine Stunde im Umfange hat. Die Chinesen haben auch ihre Thea-
ter. In Peking stehen 6 Theater für Trauer- und Lustspiele dicht
neben einander. Von Mittag bis zum Abend wird hier gespielt.
Die weiblichen Rollen spielen junge Burschen. Die Zuschauer sitzen
im Parterre und in den Logen, und zwar an Tischen, und obgleich
der Eintrittspreis sehr gering ist, so erhalten die Zuschauer doch
unentgeldlich Thee, und Lichter zum Anzünden der Pfeifen
werden vor sie hingestellt. So wie ein Schauspieler auftritt, so
fängt er damit an, den Zuschauern zu sagen, welche Rolle er spiele;
denn ein Schauspieler spielt oft mehrere Rollen. Geräth er in
Leidenschaft, so fängt er an zu singen. Auch pflegt man bei Gaste-
reien Schauspiele aufführen zu lassen. In dem Augenblicke, wenn
sich die Gäste zu Tische sehen, treten 4—5 reich gekleidete Schau-
spieler herein, verbeugen sich viermal mit der Stirne bis auf die
Erde, und überreichen dem Vornehmsten der Gäste ein Buch, in
welchem die Namen von 50—60 Schauspielen stehen, die sie aus-
wendig wisien. Sobald das Stück bestimmt ist, beginnt die Vor-
stellung unter Begleitung der Trommeln, Trompeten, Flöten und
Schalmeien. Auch sieht man oft auf den Straßen herumziehende
Schauspieler für das gemeine Volk Stücke aufführen.
Auf jeder Stelle, wo sich zwei Straßen durchkreuzen, findet
man Miethkutschen stehen. Es sind kleine bedeckte Wagen mit
zwei Rädern, mit Atlas und Sammt verziert, und von Pferden
oder Maulthieren gezogen. Beamte pflegen zu reiten. Fast auf
jedem Schritte findet man Laden und Buden, in denen man Reiß,
Mehl, Brot, Oel und andere Lebensmittel verkauft. Die größte
Leckerei für eine pekingsche Tafel sind Enten, die hier besonders
schön und groß sind. Wein giebt es in China gar nicht, sondern
man trinkt eine Art von Reißbranntwein, ein wenig warm, aus
kleinen Tassen. Die Vergnügungen der Chinesen sind sehr einfach.
Tänze sind nicht üblich. Damen in eine Gesellschaft zu bringen,
würde, man in Peking für höchst unanständig halten; daher sind
aber auch ihre Zusammenkünfte sehr langweilig, die jüngeren Per-
sonen schweigen, und hören den älteren zu, die über irgend einen
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TM Hauptwörter (100): [T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf]]
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Extrahierte Ortsnamen: China Constantinopel Peking China Peking
Vorder-Indien.
. 171
ihren Kopfbedeckungen kostbare Agraffen von Edelsteinen. Ein
sonderbarer Gebrauch der Frauen ist, die Augen ringsum mit
einer schwarzen Linie zu umziehen, und den Handteller roth
zu färben. Ganz schwarze Zähne gehören bei den Hindus« auen
zur Schönheit; und sie werden absichtlich so gefärbt.
Das häusliche Leben der Hindu ist sehr einfach. Die mei-
sten Männer haben nur eine Frau; unverheirathet zu seyn, gilt
für eine Schande. Nur die ganz Vornehmen sperren ihre^ Frauen
ein. Die Weiber der andern lassen sich wie bei uns öffentlich
sehen. Bis zum Jahre 1830 herrschte der scheußliche Gebrauch,
daß sich die Weiber mit ihren gestorbenen Männern verbrennen
oder lebendig begraben ließen; denn es wurde für eine Schande
gehalten, den Mann überleben zu wollen, und die Geistlichen
redeten den armen Wittwen so lange zu, bis diese einwilligten,
und war dies erst geschehen, so ließ man sie nicht wieder zur
Besinnung kommen. Aber die Engländer haben das Verbren-
nen verboten.
Die ostindischen Städte haben ein anderes Anfeh'n, als die
europäischen, so groß sie auch zum Theil sind. Sie sind unre-
gelmäßig gebaut, und haben sehr enge Straßen. Die Hauser
der Europäer sind wie unsere; aber die Hindu bauen ihre Woh-
nungen sehr leicht. Sie sind entweder aus Backsteinen »der
aus Lehm, auch wohl nur aus Bambusstäben ganz leicht gebaut,
haben sehr kleine Fenster und platte Dächer. Sie bemalen die
Häuser auf eine phantastische Weise. Unten geht eine offene
Säulengallerie herum, und hinten pflegt jedes Haus einen Gar-
ten zu haben. Auf dem Lande pflegt man die Hütten nur mit
Palmblättern zu decken.
Ein Hauptvergnügen des Hindu ist, ruhig auf den Feirsen
zu hocken, Betelblätter zu kauen und den Tänzen der Bajade-
ren (öffentliche Tänzerinnen) oder den Kunststücken der Gauk-
ler zuzuschauen. Auch haben sie Schauspiele, deren Gegenstand
immer ihre Götter, Halbgötter oder Helden sind, und da sie oft
die ganze Lebensgeschickte, und zwar sehr umständlich darstellen,
so ist nicht selten die Dauer eines einzigen Schauspiels auf meh-
rere Abende berechnet. Die Hindu sind sehr unwissend und aber-
gläubisch, und glauben an Wahrsagerei, Zauberei, den Einfluß
der Gestirne, Gespenster u. s. w. Daher giebt es unter ihnen
eine Menge von Leuten, die von Gaukelei und Wahrsagerei le-
den, und ohne deren Rath kein Hindu etwas Wichtiges vornimmt.
Die Hindu haben ihre eigne Sprache, die sie im gemeinen Leben
reden. Außerdem besitzen sie eine heilige Sprache, die Sans-
krit, die aber nicht mehr gesprochen wird. In ihr sind ihre
heiligen Bücher geschrieben, und sie wird nur von den Gelehr-
ten verstanden. Statt des Papiers bedienen sie sich der langen
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T82: [Musik Stadt Hof Zeit Theater Fest Leben Leute Herr Art], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]
222
Asien.
fangt auch hier die vornehme Klasse erst gegen Atzend an stch zu
bewegen. Bis dahin wird geschlafen, gegessen, Taback geraucht.
Dies letztere ist so allgemein, daß selbst Kinder, die noch nicht ge-
hen können, schon ihre Cigarren schmauchen. Man begnügt sich
hier nicht mit den gewöhnlichen kleinen Cigarren, sondern man der
stellt sich solche, die einen Fuß lang und verhältnißmäßig dick sind.
Nun denke man sich einen Mund, der ein solches Tabacksröllchen
mit den Lippen zu fassen vermag. Es gewahrt den possierlichsten
Anblick, wenn Abends die eleganten Damen mit diesen brennenden
Dingern im Munde spazieren gehen. Eben so gehört das Kauen
des Betels zu den Bedürfnissen des schönen Geschlechts. — An
demselben Meerbusen, an welchem Manila liegt, befindet sich noch
eine andere lebhafte Handelsstadt,
Cavile. Der Weg von Manila dahin ist reizend. Er führt
durch Bambusalleen und angebaute Felder. Das Bambusrohr
wächst hier höher als sonst wo, und es werden Brücken, Häuser
und Geräthschaften aller Art daraus verfertigt. Cavile wird fast
nur von Soldaten und Malaien bewohnt, und ist eine Festung,
die keinen angenehmen Aufenthalt gewährt. Sonst sind die Stra-
ßen gerade, die Härster von Stein, und haben alle ein Stockwerk
über dem Erdgeschoß. Dies letztere wird wegen der Feuchtigkeit
nicht benutzt, und dient also nur zur Unterlage. Oben laufen über-
all auswendig Gallerien herum. Glasfenster hat man hier nicht,
sondern statt des Glases durchsichtige Muschelschalen. Zn der Nähe
liegt ein Dorf, das halb malaiisch, halb chinesisch gebaut ist. Hier
wird immer nach Sonnenuntergang ein hell erleuchteter Markt ge-
halten. Hunderte von Weibern, in langen Reihen auf der Erde
fitzend, verkaufen verschiedene Arten von Speisen, Früchten u. f.
w., und die Arbeiter aus der Festung und selbst die Soldaten könn
men her, um das Abendbrot einzunehmen. Das Gewühl ist hier
sehr groß, und da man hier sehr musikalisch ist, und sich fast nie
von der Guitarre trennt, so wird nach d-m Abendessen unter freiem
Himmel gespielt, getanzt und gesungen. Ein Reisender, der zur
Weihnachtszeit hier war, fand am Weihnachtsabende ganz Cavile
in großer Bewegung. Pfaffen mlc Heiligenbildern zogen durch die
Straßen, die Malaien folgten der Prozession, und alle Kin-
der liefen hinterdrein mit Later«en, welche die Gestalt verschiedener
Thiere hatten. Eine angenehme Musik war zuweilen hörbar, wurde
aber bald übertäubt durch das Äetöse vieler Feuerwerke und Rake-
ten. Zn dieser Nacht schläft Niemand in Cavite; um Mitternacht
werden alle Glocken geläutet, und das Volk strömt in die Kirche
zum Gebet.
Die Spanier auf Manila treiben großen Luxus; sie halten
sich zahlreiche und elegante chukpagen, und auf ihren Tafeln
findet man einen Ueberfluß vor Speisen. Zucker und Indigo
sind die Hauptartikel, die mannach Europa schickt. Auch Ca-
cao, Kaffee, Taback wachsen hie-, Vogelnester werden verschickt,
und Muscheln in Menge gesunder. Das Hauptvergnügen der
Einwohner, das sie leidenschaftlich lieben, ist der Hahnenkampf.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T79: [Wein Zucker Baumwolle Kaffee Getreide Tabak Fleisch Holz Wolle Handel], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T82: [Musik Stadt Hof Zeit Theater Fest Leben Leute Herr Art], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke]]
Extrahierte Ortsnamen: Asien Manila Manila Weihnachtsabende Manila Europa
Das europäische Rußland.
23
Kuchen verkaufen, und Kerle tragen in Körben Piroghi herum,
und schlagen ihren Feldtisch auf, wo sie Käufer finden. In Ruß-
land ist die Einrichtung wie im Morgenlande, daß die Waaren
einerlei Art auf Einem Flecke feil geboten werden. Daher giebt
es überall große Handelshöfe, den einen für eiserne Waaren, einen
andern für Tuche, einen dritten für Pelzwerk u. s. w. Einsolr
cher Handelshof, z. B. in einer der Perspectiven, ist wie eine
kleine Stadt; mehrere hundert Buden stehen da neben einander,
und vor ihnen laufen Säulengänge hin, unter denen man vor
Regen geschützt ist. Außerdem giebt es in Petersburg große Ma-
gazine von englischen, französischen und deutschen Waaren, die so
angefüllt sind, daß, wenn auch Einer für 20,000 Rubel einen Ein-
kauf machen wollte, man doch die Lücke eben nicht bemerken würde.
So kann man, obgleich Petersburg am äußersten Ende Europas
liegt, sich doch binnen wenigen Stunden, wenn man nur Geld
hat, aufs prächtigste einrichten und die Luxusartikel aller Länder an
sich kaufen.
Durch viele, wohleingerichtete Wohlthätigkeitsanstalten zeichnet
sich Petersburg vor vielen großen Städten aus. Katharina 1!. hat
sich durch deren Stiftung und Vermehrung große Verdienste erwor-
den; die kürzlich verstorbene Kaiserin-Mutter (Frau Pauls I.) wid-
mete ihnen eine wahrhaft mütterliche Fürsorge, und jetzt führt die
regierende Kaiserin Alexandra die Oberaufsicht. Wir können von
ihnen nicht umständlich reden, und erwähnen nur des großen Fin-
de lh au ses für 5000 Kinder. Wenn ein Kind nach diesem Hause
gebracht wird, so braucht man nur die Klingel zu ziehen. Sogleich
wird ein Korb herabgelassen, der das Kind aufnimmt. Liegt kein
Zettel dabei, so wird nur gefragt, ob das Kind getauft sei oder
nicht, und wie es heiße. Jedes bekommt entweder eine Amme im
Hause, oder wird außer demselben einer zuverlässigen Bauersfrau
auf dem Lande übergeben. Wachsen die Kinder heran, so erhalten
sie eine ihren Fähigkeiten angemessene Bestimmung. Die meisten
werden bei Handwerkern in die Lehre gebracht; manche aber auch
für Künste und Wissenschaften bestimmt, und dann auf öffentliche
Kosten weiter unterrichtet. Auch für Unterricht und Erziehung
giebt es in Petersburg treffliche Anstalten, und zwar Bildungsr
schulen für alle die verschiedenen Bestimmungen junger Leute: eine
Erziehungsanstalt für 5000 Mädchen, Gelehrtenschulen, Bürger-
schulen, Cadettenanstalt, Schiffahrtsschulen u. s. w. Meist sind es
Deutsche, welche diesen Anstalten vorstehen; doch ist die Bildung
der Russen schon so weit vorgeschritten, daß auch Eingeborne Lehr
rerstellen bekleiden. Selbst für die weibliche Bildung ist in neuer
Zeit recht viel gethan, und auch hierfür hat sich die Kaiserin-Mut-
ter große Verdienste erworben. Ferner hat Petersburg eine Uni-
versität.
Das Leben ^ der höhern Klassen ist in Petersburg und in ganz
Rußland ungefähr wie in allen großen Städten, nur vielleicht noch
luxuriöser und kostbarer. Aber charakteristischer ist die Lebensart
des gemeinen Volks. Der Russe ist ein fröhlicher Mensch. Der
Frohsinn älißert sich durch Gesang; daher begleitet der Russe
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